Residenzschloss Ludwigsburg, Ludwigsburger Kreiszeitung 21.11.2016

Das tiefe Schimmern des Augenblicks

Die russische Künstlerin Natalia Simonenko stellt im Festinbau des Residenzschlosses aus

 VON ANGELIKA BAUMEISTER.

LUDWIGSBURG. Zuerst ist das Licht, sie nennt es Zwielicht. Es schimmert fern .am Horizont
und spiegelt, sich im Wasser.Das Leuchten aus den Häusern verleiht dem Naturschauspiel eine
sakrale Note. Fast tritt da die Schönheit der Lagune von Venedig in den Hintergrund. Natalia
Simonenko malt nicht nur, sie inszeniert und verleiht ihren Ölgemälden eine große Emotionalität.
Ihr Stil ist modern interpretierter russischer Impressionismus, der auch international Anerkennung
findet. Die 46-jährige stellte bereits unter anderem in Moskau, Los Angeles und London aus. Bis
zum 4. Dezember sind nun 50 großformatige Ölgemälde der gebürtigen Russin im Festinbau des
Schlosses zu sehen.
Magisch vom Schloss angezogen
Sie habe sich mit dieser Ausstellung einen Traum erfüllt, sagte Natalia Simonenko. Die Künstlerin
ist in Sankt Petersburg geboren, eine Stadt voller Paläste, Prunkbauten und Schlösser. Seit sie in
Stuttgart lebt, fühlt sie sich magisch vomLudwigsburger Residenz-schloss angezogen und so reifte
die Idee, in den großen Räumen ihre Bilder zu zeigen. Weil sie hier richtig zur Geltung kommen
und diese Noblesse ausstrahlen, die den Schlössern eigen ist. Sankt Petersburg wird auch das
Venedig des Ostens bezeichnet und so kommt es nicht von ungefähr, das ·sie in das echte Venedig
gereist ist, um dasZwielicht einzufangen, Und damit-eine Stimmung fern von Kitsch und Banalität,
dafür erfüllt mit großer Ästhetik.  Das bescheinigte ihr Künstlerkollege Geert Bordich aus Baden-Baden
bei der Vernissage. In seiner Laudatio bescheinigte er der Künstlerin Mut, ihren eigenen- Weg .zu gehen
und keinem Trend.zu folgen. Sie malt realistisch, verbindet dabei aber Innen- und Außenwelt. Sie bildet
eben nicht nur ab, sondern komponiert ihre Bilder, die durch den Klang der Farben wie Musik wirken.

Sie fängt auch die pralle Schönheit der Natur in ihren Blumen-gemälden ein. Es sind Explosionen. In
kräftigen Tönen oder in reich nuanciertem Weiß wie bei der Impression der Kirschblüten. Die Balletttänzerin zeigt sie ebenso wie den Zirkusartisten oder den Clown in konzentrierten, hingebungsvollen Momenten ein, sie strahlen durch die Malweise zerbrechliche Stärke aus. So lautet auch der Titel der Ausstellung, denn dem Realen verleiht sie stets eine zerbrechliche, vergängliche Note. Durch zahlreiche Farbaufträge und Wischtechnik erreichen ihre Bilder außerdem eine erstaunliche Tiefe, sie lassen das geheimnisvolle Schimmern hinter dem Licht entdecken. Meisterhaft auch ihre Interpretation der Natur am Karl-Heine-Kanal bei Leipzig; Der künstliche Wasserlauf ist , durch üppig wachsende Trauerweiden in sattes Grün getaucht, doch 'das Grün hat Facetten, die Landschaft scheint zu atmen. Bei der Darstellung des Straßencafés in der Stadt Kotor in Montenegro scheint man förmlich die. Mittagshitze zu spüren. Auch die Kälte der schneebedeckten Berge und die Wucht der Wolkengebilde wecken Emotionen.

 INFO: Die Ausstellung „Zerbrechliche Stärke'.' ist bis zum 4. Dezember im Festinbau des Residenzschlosses zu sehen: Montags bis samstags von 13 bis 19 Uhr und sonntags von 12 bis 18 Uhr.

ANGELIKA BAUMEISTER, Ludwigsburger Kreiszeitung 21.11.2016